Logo

Kritik

In der Kritik: Das Deutsche Jugendinstitut (DJI)

Der folgende Artikel schildert die Rolle von vier hochrangigen deutschen Institutionen beim Thema 'Desinformation bei Kindeswohl und Kinderschutz in Deutschland':
  • Das Deutsche Jugendinstitut, dessen Autoren den in der Kritik stehenden Artikel verfassten,
  • Die Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe, die das Manuskript ohne wirksame Prüfung veröffentlichte,
  • Das Bundesverfassungsgericht, das den Artikel ungeprüft als Grundlage für nationale Rechtsprechung verwendete,
  • Das Bundesministerium für Familie (BMFSFJ), das die im Folgenden beschriebenen Vorgänge finanzierte.
Inhalt: Zur Problematik des Artikels J. Zimmermann, J. Fichtner, S. Walper, U. Lux, H. Kindler: Verdorbener Wein in neuen Schläuchen - Warum wir allzu vereinfachte Vorstellungen von 'Eltern-Kind-Entfremdung' hinter uns lassen müssen (ZKJ 2/2023, 3/2023).
  • Teil 1: Nur Täuschung oder Wissenschaftsbetrug?
  • Teil 2: Methoden der Lesermanipulation
  • Teil 3: Wissenschaftliche Aussagen und Inhalte systematisch verfälscht

Teil 1: Nur Täuschung oder Wissenschaftsbetrug?

Der DJI-Artikel zeigt Vorgehensweisen und Mängel, die Fragen zur fachlichen und politischen Verantwortung aufwerfen: das DJI wird über zweistellige Millionenbeträge vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) finanziert.

Ausgangssituation

Eltern-Kind-Entfremdung wird als eine Form von psychischer Kindesmisshandlung gewertet (siehe z.B. Boch-Galhau, 2019). Das Deutsche Jugendinstitut scheint dem zu widersprechen.

Eltern-Kind-Entfremdung & das DJI

Autorinnen und Autoren des DJI [1] veröffentlichten 2023 einen Artikel, der sich der Problematik von Eltern-Kind-Entfremdung entgegenstellt, also dem Umstand, dass ein Kind einen Elternteil ablehnt, während Ursachen oder ein Selbstverschulden bei jenem Elternteil kaum ersichtlich sind. Das Ergebnis des Artikels lautete:
"Das Konzept der Eltern-Kind-Entfremdung stellt diese Fragen nicht und bietet erst recht keine Antworten. Es ist höchste Zeit, es endgültig ad acta zu legen".
Fälle von entfremdeten Scheidungs- oder Trennungskindern sind jedoch der breiten Masse der Bevölkerung bekannt, wenn nicht aus dem eigenen, sozialen Umfeld, dann aus Dokumentationen, Medien, Büchern, etc. Diskrepanzen deuten sich an.

Das Bundesverfassungsgericht

Der DJI-Artikel wurde sodann zur Grundlage des Bundesverfassungsgerichts, das den Faktor Eltern-Kind-Entfremdung verneinte, weil der Begriff sich auf das
"überkommene und fachwissenschaftlich als widerlegt geltende Konzept des sog. Parental Alienation Syndrom (kurz PAS)"
beziehe (1 BvR 1076/23). Dies entsprach den Darstellungen des DJI.
Dem gegenüber steht ein international und wissenschaftlich breiter Konsens, dass Eltern-Kind-Entfremdung eine ernstzunehmende Problematik darstellt, die einer Form von Kindesmissbrauch oder -misshandlung gleichkommen kann [2], internationale Konferenzen und zahlreiche Wissenschaftler widmen sich diesem Thema [7].

Nicht nur Diskrepanzen

Die beiden Institutionen positionieren sich damit weit von dem, was eine Bevölkerung erlebt und Wissenschaften und Medien berichten, und sie beziehen sich auf das seit ca. 20 Jahren veraltete Konzept 'PAS', das mit den heutigen Erklärungsmodellen für Eltern-Kind-Entfremdung nicht mehr viel gemeinsam hat (s. u. zu PA & Lokomotiven).
Ein wissenschaftlich gründlicher Blick in den DJI-Artikel ergibt dabei, dass inakzeptable Vorgehensweisen und Mängel bereits ab der ersten Seite vorliegen:
  1. Der Artikel basiert auf frei erfundenen Behauptungen,
  2. benutzt missbräuchliches Zitieren, um eine ideologische Hypothese zu etablieren, die anderweitig nicht haltbar ist
  3. und konstruiert daraus Postulate, die sich gegen Eltern und Kinder richten.

Die Details

Das trojanische Pferd: Bauer, 2007

Der DJI-Artikel will das Postulat, Eltern-Kind-Entfremdung und ähnliche Konstrukte seien "endgültig ad acta zu legen", in der Einleitung wie folgt etablieren:
"Das Ausmaß, in dem hier naturalisierende Voreinstellungen eine Rolle spielen, ist genau der Grund dafür, warum der Begriff der Entfremdung aus den Sozialwissenschaften weitgehend verschwunden ist (Bauer, 2007)" [3], siehe Bild:
DJI Artikel
Zunächst irritiert, dass Bauers Artikel gegenteilige Aussagen macht [5].

Das trojanische Pferd im Innern

Der Artikel von Bauer 2007 trägt den Titel "Das Ende der Entfremdung" und scheint gut zu passen: Wenn Eltern-Kind-Entfremdung "endgültig ad acta zu legen" sei, erscheint es förderlich, wenn "Das Ende der Entfremdung" bereits beschrieben wurde.
Es kommt jedoch anders.
Begriffe wie "Eltern", "Kind", etc. existieren in Bauers Artikel nicht, es ist ein Philosophie-Essay, der beim Ideenhistoriker Lovejoy beginnt und sich über Karl Marx & Freud & Habermas & ... Gedanken macht über die (Selbst-) Entfremdung des Menschen durch Kapitalismus, Industrialisierung, etc. (Leseprobe [4]).

Behauptungen frei erfunden

Es stellt sich heraus, dass Bauers Artikel keinerlei Relevanz für das Thema hat, der 'Wissenschaftsbezug' im DJI-Artikel ist frei erfunden, und dennoch folgen tiefgreifende Schlussfolgerungen:
"... (Bauer, 2007). Aus dem Naturrecht stammende gesetzliche Vermutungen, wie es sie zur Vaterschaft ehelich geborener Kinder (§ 1592 Ziff. 1 BGB) oder zur Kindeswohldienlichkeit des Kontakts zu beiden Elternteilen (§ 1626 Abs. 3 BGB) im Recht gibt, können in den Sozialwissenschaften nicht einfach übernommen werden."
Sein und Schein klaffen weit auseinander, wenn der DJI-Artikel eine Relevanz oder Evidenz des Artikels von Bauer zuerst frei erfindet, um sich unmittelbar danach mit lautem Rufen nach Evidenz zu präsentieren:
"... Sie müssen vielmehr unabhängig von ihrer rechtlichen Legitimität begründet oder aber kritisiert werden, um die Rechtswissenschaft evidenzbasiert weiterzuentwickeln."

Das DJI: Über dem Gesetz stehend?

Der DJI-Artikel kündigt etwas an, was in Sachen Evidenz besorgniserregend ist: Ein Vorgehen wie mit Bauers Artikel könnte verwendet werden, um
"... unabhängig von rechtlicher Legitimität ... die Rechtswissenschaft evidenzbasiert weiterzuentwickeln".
Sollte ein BVerfG an dieser Stelle nicht folgendes erörtern: Kündigt das DJI auf der ersten Seite des Artikels an, dass es sich geltenden Gesetzen überordnen werde, "unabhängig von rechtlicher Legitimität"?
Was das DJI an dieser Stelle formuliert hat, sollte wohl eher dahingehend überprüft werden, ob es verfassungsrechtlich nicht als 'gefährlich' einzustufen ist.

Wissenschaftliche Abgründe

Täuschendes Behaupten und Zitieren erfolgte hier auf mehreren Ebenen, die wissenschaftliche Abgründe aufzeigen:
  1. Fünf Autoren scheinen den Artikel nicht zu kennen, der das Hauptthema ihres eigenen Artikels einleiten und untermauern soll.
  2. Es liegt eine Art 'wahllos betriebenes' Recherche-Verhalten vor: Ein Artikel wird zitiert, weil er einen nützlichen Titel verspricht, während der Eindruck entsteht, dass der Artikel nie angeschaut wurde.
  3. Das Falsch-Zitieren erfolgt nicht nachlässig oder leichtfertig, sondern wird benutzt, um auf das Thema hinzuführen und Postulate bzw. ein ganzes Hypothesen-Gebäude darauf aufzubauen.
  4. Aus der Falsch-Zitation werden sodann tiefgreifende Schlussfolgerungen zum Leben von Eltern und Kindern in die Welt gesetzt: "... (Bauer, 2007). Aus dem Naturrecht stammende gesetzliche Vermutungen, wie es sie zur Vaterschaft ehelich geborener Kinder ... oder zur Kindeswohldienlichkeit des Kontakts zu beiden Elternteilen ... im Recht gibt, können in den Sozialwissenschaften nicht einfach übernommen werden."

Framing gegen Eltern und Kinder

Bauers Artikel wird verwendet, um ein 'Framework' einzuleiten, das Eltern-Kind-Beziehungen hinterfragen soll, z. B. betreffend
  • "Naturalisierende Voreinstellungen"
  • "Vaterschaft ehelich geborener Kinder"
  • "Kindeswohldienlichkeit des Kontakts zu beiden Elternteilen", etc.
Entsprechende Textpassagen im DJI-Artikel erscheinen eloquent, werden zeitweise jedoch fragwürdig, was sich durch konkrete Fragen veranschaulichen lässt: Was soll konkret postuliert werden?
  • Soll über Mütter gesagt werden: Ihre Mutterliebe sei nur eine "Naturalisierende Voreinstellung", oder
  • Soll über Väter gesagt werden: Ihre Vaterliebe sei nur eine "aus dem Naturrecht stammende gesetzliche Vermutung", oder
  • Soll über Eltern gesagt werden, ihre Existenz habe nur eine begrenzte "Kindeswohldienlichkeit", oder
  • Soll über Kinder gesagt werden: sie brauchen keinen "Kontakt zu beiden Elternteilen"?

Von Framing zu Desinformation

Das übergeordnete Framing im DJI-Artikel besteht darin, eine Problematik, die sich durch Tausende von Betroffenen in der Bevölkerung charakterisiert und eine jahrzehntelange Wissenschafts-Historie hat, als etwas darzustellen, das in dieser Form nicht existiere, das unwissenschaftlich und fragwürdig sei, nicht valide, etc.
Dem Artikel des DJI stehen dabei nicht nur ca. 1000 Fachartikel entgegen: Es ist inakzeptabel, dass das DJI auch ausblenden will, was die Opfer von Eltern-Kind-Entfremdung selbst berichten, sei es in deutschsprachigen Büchern oder international.
Neben der fingierten Referenz von Bauer verwendet der Artikel weitere Methoden der Desinformation, u. a. die Emotionalisierung von Sachverhalten, Indoktrinierende Wiederholung, Thematische Kontaktschuld und Framing (Beispiele in Fußnote [6]).
Methoden der Leugnung von Eltern-Kind-Entfremdung sind dabei kein deutsches Phänomen, sondern international zu beobachten, was zum Begriff 'Denialismus' führte, für den es im Deutschen noch keinen etablierten Begriff gibt (außer 'Leugnung', 'Missbrauchs-Leugnung', o. ä., s. Teil 3).

Der "irreführende Gebrauch oder Missbrauch von Wissenschaft"

Wissenschaft ist der Versuch, mit bestem Wissen und Gewissen Wahrheit zu finden und Irrtum auszuschließen. Der Absatz des DJI-Artikels lässt nichts erkennen, was dem noch entspräche: Wissen wurde ersetzt durch fahrlässige oder fingierte 'Recherche', Gewissen wurde ersetzt durch Täuschung, Wahrheitsfindung durch freies Erfinden.
Was der Absatz des DJI-Artikels aufzeigt, ist etwa so zu beschreiben: wissenschaftliches Vorgehen / Zitieren wurde vorgetäuscht, um Inhalte einer anderen Publikation zu behaupten, die nicht existieren, sondern frei erfunden wurden, um ein eigenes Postulat zu stützen, das sich anderweitig nicht halten lässt. Das ist nicht nur ein Lapsus.
Ein Lapsus ist nur, anderen, renommierten Wissenschaftlern einige Abschnitte später den "irreführenden Gebrauch oder Missbrauch von Wissenschaft" zu unterstellen (Abschnitt 6.2 in Teil 2 des Artikels, ZKJ 2023/3).

Vollständiges Versagen von Kontrollstrukturen

Zur Vermeidung solcher Fehler sind in den Wissenschaften eigentlich Kontrollstrukturen vorgesehen, die hier nicht funktionierten oder nicht existierten:
  1. Die Kontrollfunktion von Koautoren,
  2. ein hinreichender Qualitätsstandard im Forschungsinstitut,
  3. ein funktionierender Begutachtungsprozess bei der veröffentlichenden Zeitschrift,
  4. der kritische Blick von Herausgebern, und schließlich
  5. die verlässliche Arbeit eines wissenschaftlichen Dienstes an einem Bundesverfassungsgericht.

Der "sorgfältig argumentierende Meilenstein"

Die veröffentlichende Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe (ZKJ) hatte den Artikel dabei "hochkarätig" angekündigt:
"Das sogenannte Parental Alienation Syndrom (PAS)... schien bereits überwunden ... Unter dem neuen Begriff 'Eltern-Kind-Entfremdung' wurde die Diskussion im Jahre 2022 wieder entfacht. Mit dem aktuellen Beitrag in der ZKJ setzt das hochkarätige Autorenteam einen wissenschaftlich fundierten und sorgfältig argumentierenden Meilenstein..."
Der "sorgfältig argumentierende Meilenstein" wurde dann dem BVerfG vorgelegt:

Das BVerfG & PAS

Die Entscheidung des BVerfG überraschte, weil der veraltete Begriff PAS zugrunde gelegt wurde: (Absatz 34 in 1 BvR 1076/23):
dd) ... Mit der vom Oberlandesgericht herangezogenen Eltern-Kind-Entfremdung wird auf das überkommene und fachwissenschaftlich als widerlegt geltende Konzept des sogenannten Parental Alienation Syndrom (kurz PAS) zurückgegriffen. Das genügt als hinreichend tragfähige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung nicht... (vgl. umfassend Zimmermann, Fichtner, Walper, Lux, Kindler, in: ZKJ 2023, S. 43 ff., und dies. in: ZKJ 2023, S. 83 ff.)
Der Begriff PAS wird in Fachkreisen heute nicht mehr verwendet, denn das vor der Jahrtausendwende formulierte Konzept hatte Prototyp-Schwächen und rückte in den historischen Hintergrund. Aus diesen Gründen wird PAS heute nur noch in seiner historischen Bedeutung referenziert.
Seit etwa zwei Jahrzehnten wird der Begriff Parental Alienation (PA) verwendet, um die Weiterentwicklungen von den Anfängen abzugrenzen. Im deutschen Sprachraum werden die Begriffe Eltern-Kind-Entfremdung und PA meist synonym verwendet.

BVerfG: Artikel sei "umfassend" für 1000?

Das BVerfG bezog sich in der Entscheidung damit auf einen einzigen, deutschen Artikel, der unterschlägt (s. PA-Literatur),
  1. dass der internationale Stand zur Thematik PA / Eltern-Kind-Entfremdung über 1000 wissenschaftliche Artikel umfasst, von denen die Überzahl die Validität von Konzepten im Umfeld von Parental Alienation (PA) beschreibt und die Postulate des DJI widerlegt, und
  2. dass der Begriff Parental Alienation Syndrom (kurz PAS) seit Jahren nicht mehr verwendet, sondern nur noch in seiner historischen Bedeutung referenziert wird und ersetzt wurde durch das heutige, allgemeinere Konzept Parental Alienation (PA, ohne 'Syndrom').

Die Diesel-Lokomotive "PAS"

Die Abkürzungen PAS und PA sind ähnlich. Dennoch liegen zwischen den Konzepten ca. 30 Jahre Wissenschaft, so dass PAS mit PA so viel zu tun hat wie eine Diesel-Lokomotive mit einem ICE. Dies ist fachkundigen Personen bekannt, und entsprechend würde niemand ICEs "endgültig ad acta legen", weil dem Konzept der Diesel-Lokomotive "allzu vereinfachte Vorstellungen" zugrunde lägen.
Diese Informationen wurden den Richtern des BVerfG nicht gegeben. Darüber hinaus wurden auch Unstimmigkeiten in der Entscheidung des BVerfG kritisiert, die ebenfalls besorgniserregend sind (hochstrittig.org).

Wer trägt die politische und fachliche Verantwortung?

Der Artikel der DJI-Autoren erzeugt Sorgen über die Zukunft von Kindern in Deutschland, wenn hochrangige Institutionen wie das DJI und ein Bundesverfassungsgericht auf der Basis eines fingierten Zitats wie "Bauer 2007" eine Ideologie über "Verdorbenen Wein in neuen Schläuchen" etablieren wollen - durch ein Vorgehen, das die roten Linien der Wissenschaften überschreitet.
Wer trägt in einem solchen Fall die politische und fachliche Verantwortung?
Die Frage nach fachlicher und politischer Verantwortung stellt sich, weil Teil 2 und Teil 3 aufzeigen werden: Aussagen und Inhalte wissenschaftlicher Publikationen werden im DJI-Artikel systematisch verfälscht.

Fußnoten

[1] Hinweise zu sprachlichen Vereinfachungen: Formulierungen wie 'DJI-Autoren' oder 'DJI-Artikel' werden vereinfachend verwendet (die Affiliation des Zweitautors wird z. B. mit "in eigener Praxis" angegeben). Es liegen z. T. komplizierte Sachverhalte vor, zur besseren Lesbarkeit wird deshalb stellenweise das generische Maskulinum verwendet. Beschreibungen beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, auf alle Geschlechter.
[2] Siehe z. B. Webseite von Dr. W. von Boch-Galhau: www.drvboch.de oder mehr als 1000 Artikel zum Thema PA: www.kimiss.uni-tuebingen.de/de/pa_lit.html
[3] Bauer, M. (2007): Das Ende der Entfremdung. Zeitschrift für Ideengeschichte, 1(1), 7-29. doi.org/10.17104/1863-8937-2007-1-7
[4] Artikel von Bauer (2007), Beginn des Artikels: "Gleich auf den ersten Seiten von The Great Chain of Being erklärt der amerikanische Ideenhistoriker Arthur O. Lovejoy seinen Lesern, warum sich die Ideengeschichte nicht für 'ismen' interessiert. Ideologien seien 'komplexe Gebilde', die erst zergliedert werden müßten, wolle man auf die 'Elementarideen' stoßen. Sie aber sind nach Lovejoys Verständnis der eigentliche Gegenstand der Ideengeschichte. Die Elementarideen stellen die nicht weiter zerlegbaren Kostbarkeiten dar, nach denen der Ideenhistoriker im Flußbett der Tradition mit Fleiß, Geduld und geschultem Gedächtnis schürft. Lovejoy scheut sich, diese 'ursprünglichen, beharrlichen oder immer wieder auftauchenden Elemente in der Geschichte des Denkens' formal zu definieren. Vielmehr legt er eine Typologie vor." [... ... ... ...] "Entweder Marx oder Freud? Nein, Plessners Disjunktion war nicht auf der Höhe der Zeit. Aber auch Marx mit Freud ist ein halbes Jahrhundert nach Gehlens Prognose Geschichte. Die allerjüngste Gegenwart sucht Fichtes Formel liberal zu erneuern. Damit steht politische Ethik wieder im Kurs. Vom guten Leben ist die Rede, nd Tugendlehren gelingenden Selbstseins haben Konjunktur. Die gerechte Gesellschaft ist noch keine gute Gesellschaft. Schließlich soll Freiheit auch Glück sein." [Ende des Artikels]
[5] Gegenteilige Aussagen wie z. B. "Dass Soziologen derartige Phänomene bis auf den heutigen Tag untersuchen, ist schlechterdings nicht zu bestreiten." oder "Gehlen hält, anders als alle bisher besprochenen Autoren, 'Entfremdung' für eine 'echte Kategorie' der Sozialwissenschaft".
[6] Methoden der Desinformation im Artikel von Zimmermann et al., 2023 (s. auch Teil 3): (Weitere Beispiele in Teil 2, Teil 3):
  • Falsch-Referenzierung bzw. Zitieren ohne Zusammenhang. s. o.: Beispiel Bauer 2007.
  • Emotionalisierung von Sachverhalten. Bsp.: PAS wird als "Kampfbegriff" dargestellt (S. 44 in ZKJ 2/2023: "Gardner ... das Thema ... in den Kampfbegriff des 'Parental Alienation Syndrome' (PAS) verwandelt hat.").
  • Diskreditierung Ad hominem. Bsp.: Anderen Wissenschaftlern wird der "irreführende Gebrauch oder Missbrauch von Wissenschaft" unterstellt. Die Abwertungen konzentrieren sich anfänglich gegen Baumann et al.: "definieren ... offensichtlich tautologisch", "...versuchen sich im nächsten Schritt an einer Systematisierung …", etc.
  • Indoktrinierende Wiederholung Das veraltete Konzept 'PAS' / 'Parental Alienation Syndrom' wird im Text 15 mal referenziert, die wissenschaftlichen Entwicklungen der letzten 20 Jahre zu 'PA' / 'Parental Alienation' hingegen nur 4 mal. Dies wird zu Zwecken der sog. Kontaktschuld verwendet:
  • Kontaktschuld (Beeinflussung durch Negativ-Kopplung). Das PAS-Konzept wurde in den 1980er Jahren von R. Gardner etabliert. Wegen konzeptioneller Schwächen und Kritik an Gardners Person rückte 'PAS' nach der Jahrtausendwende zunehmend in den historischen Hintergrund. Positionierungen gegen Eltern-Kind-Entfremdung verwenden oft die Technik, eine Negativ-Darstellung durch Negativ-Kopplung zur Person R. Gardner bzw. zum veralteten Konzept 'PAS' zu erreichen.
[7] www.pasg.no/konferanse-2024, alienacionparental.com.ar/en/1er-congreso-internacional-interdisciplinario-sobre-alienacion-parental-y-violencia-familiar/, www.pasg.no/pasg-conference-speakers, und andere.

Verwandte Themen: