KiMiss & Wissenschaft
Eine Kooperation des
KiMiss-Instituts & der
Universität Tübingen.
Das KiMiss-Projekt erarbeitet Definitionen zu Kindesmissbrauch und -misshandlung.
Besonders berücksichtigt werden nicht-sexueller Missbrauch,
der im Kontext von Trennung und Scheidung als
emotionaler, seelischer oder psychologischer Missbrauch
auftreten kann, und Elternverhaltensweisen,
die eine Entfremdung des Kindes vom anderen Elternteil bewirken.
Missbrauchs-Definitionen unterliegen menschlicher Beurteilung,
und diese kann selbst dann unterschiedlich ausfallen,
wenn Experten aus der gleichen Fachrichtung heraus
einen identischen Sachverhalt beurteilen.
Problematischer wird dies in der familiengerichtlichen Praxis,
wenn Vertreter verschiedener Fachrichtungen
zu einer gemeinsamen Beurteilung bzw. Entscheidung kommen müssen.
Ziel des KiMiss-Projektes ist, die Variabilität in Missbrauchs-Beurteilungen
zu erfassen und zu quantifizieren, unter Einbeziehung aller Unsicherheiten
und unter Berücksichtigung der Sichtweise verschiedener Fachrichtungen.
Auf diese Weise werden diagnostische Instrumente zur Entscheidungsfindung
beim Thema Kindesmissbrauch und -misshandlung geschaffen und Schwellenwerte bestimmt.
Grundlage des KiMiss-Projektes ist ein Rating-Verfahren,
in welchem Vertreter verschiedener Fachrichtungen
(Justiz, Sozialarbeit, Psychologie, Medizin, etc.)
Fallkonstellationen im Kontext von Trennung und Scheidung beurteilen.
Kern des Projektes bildet die sogenannte
KiMiss-Liste,
die auch den KiMiss-Studien
2012
und
2016/17
zugrunde liegt.
Das Rating-Verfahren stellt damit die Operationalisierung
eines Kindeswohl-orientierten Maßes bereit.
Die Übersetzung menschlicher Meinungen oder Beurteilungen in quantifizierbare Größen
erfordert Methoden der statistischen Modellierung,
und die Ableitung von Schwellenbedingungen aus einem Prozess der Entscheidungsfindung
erfordert Methoden der mathematischen Modellierung.
Aufgrund dieser Methoden sind die frühen Projektteile des KiMiss-Projektes
in der Medizinischen Statistik und der Klinischen Psychologie angesiedelt.
Das KiMiss-Projekt wurde als Teil eines Präventionsprogrammes entworfen,
welches durch Diagnostik und Früherkennung aufklären soll,
bevor in Kindesangelegenheiten sorgerechtliche Interventionen notwendig werden.
Langfristig ist daher erforderlich, dass die hier entwickelten Definitionen
nicht nur einer Experten-Sichtweise genügen,
sondern auch dem gesellschaftlichen Konsens entsprechen.
Publikationen
- Duerr HP (2022). Kindeswohl-Verlust durch feindselig-aggressive Elterntrennung: Erkennen, Bestimmen, Handeln. In: Familienrechtliche Gutachten und Verfahren auf dem Prüfstand. Hrsg.: W Körner, G Hörmann. ISBN 978-3-643-15463-7. Lit-Verlag.
-
KiMiss-Algorithmus 2019
(Duerr HP, & Hautzinger M (2019). Quantifying the Degree of Interparental Conflict - the Spectrum Between Conflict and Forms of Maltreatment and Abuse. Child Indic Res 12: 319-330)
- Datenbericht zur KiMiss-Studie 2016/17
-
KiMiss-Rating 2014
(Duerr H-P, et al. (2015). Loss of Child Well-Being: A Concept for the Metrics of Neglect and Abuse Under Separation and Divorce. Child Indic Res 8: 867-885)
- Datenbericht zur KiMiss-Studie 2012
Master-Arbeiten
- Diagnostik und Prävention von feindseliger Elternschaft in familiengerichtlicher Begutachtung (M. Sc., C. M. Pfänder, Univ. Tübingen)
- Nicht-sexuelle Formen von Kindesmissbrauch und -misshandlung am Beispiel von familienrechtspsychologischen Sachverständigengutachten (M. Sc., A. Kaluza, Univ. Tübingen)
- Einflussgrößen auf Entfremdung unter hochstrittiger Elterntrennung - Empfehlungen zur Prävention (M. Sc., P. Weber, Univ. Tübingen)
Weiterführende Literatur
- Baker AJL & Darnall D (2006). Behaviors and Strategies Employed in Parental Alienation: A Survey of Parental Experiences. Journal of Divorce & Remarriage 45: 97-124.
- von Boch-Galhau W (2012). Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome/Disorder. Eine ernstzunehmende Form von psychischer Kindesmisshandlung. Verlag für Wissenschaft und Bildung. ISBN 978-3-86135-178-8.
- Darnall D (2011). The psychosocial treatment of parental alienation. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am 20: 479-494.
- Warshak R (2001). Divorce Poison. New York: Regan Books.
- Risk assessment protocol to evaluate the risk of harm to children and youth caused by Hostile-Aggressive Parenting (HAP) , Family Conflict Resolution Services, Canada, Release Date: December 3, 2010
- Rand D (1997). The spectrum of parental alienation syndrome. Part 1. American Journal of Forensic Psychology 15: 23-52.
- Waldron KH & Joanis DE (1996). Understanding and collaboratively treating parental alienation syndrome. American Journal of Family Law 10: 121-133.